Schalke schiebt Frust – Kovac beschwört den Frankfurter Zusammenhalt

Niko Kovac steht zum zweiten Mal in Folge im Pokalfinale © FIRO

Domenico Tedesco biss sich im Frust über hochumstrittene Schiedsrichter-Entscheidungen lieber auf die Zunge, Niko Kovac hingegen wollte trotz aller Euphorie noch unbedingt etwas loswerden. “Wir sind eine Eintracht”, sagte der Frankfurter Coach und künftige Trainer von Bayern München nach dem Halbfinal-Coup bei Schalke 04 beschwörend. “Wir stehen hier alle zueinander. Was uns der eine oder andere reinsingen wollte – es hat nicht funktioniert.” Er schloss mit den Worten: “Wir sind die Eintracht!”

Dem 1:0 (0:0) auf Schalke 04 ließen Trainer, Spieler und Funktionäre eine wahre Demonstration ungebrochenen Teamgeistes folgen. Kovac umarmte jeden der Pokalhelden doppelt und dreifach, um sicherzugehen, dass er ja keinen vergessen hatte. Gemeinsam feierten dann alle vor der bebenden Kurve – auch Kovac nach anfänglichem Zögern. Dieser Triumph könnte der erste Teil einer Versöhnung mit den Fans sein, deren Verehrung nach dem Bayern-Schock in Wut umgeschlagen war.

Hörte man sich am Mittwochabend im Frankfurter Kreise um, zu Unrecht. “Anfeindungen gegen Niko sind nicht gerechtfertigt. Er ist ein ganz aufrichtiger Mensch. Er hat immer die Wahrheit gesagt”, betonte Sportdirektor Bruno Hübner. Die Mannschaft habe “ein Stück weit auch für den Trainer gespielt”. Kovac selbst gönnte sich kurz darauf auch noch ein Selbstlob: “Zweimal hintereinander im Finale mit Eintracht Frankfurt, das ist eigentlich nobelpreiswürdig. Alle, die auf dem Platz waren, haben ihr letztes Atom Energie gegeben.”

Auf den besonderen Treppenwitz des Abschiedsfinals gegen seinen neuen Verein wollte Kovac nach den Sticheleien der vergangenen Tage zwischen München und Frankfurt nicht intensiver eingehen. Er ließ andere sprechen. “Jetzt kann Niko zu Hause in Berlin seinen Abschied feiern, ist doch schön”, sagte Sportdirektor Fredi Bobic, der tags zuvor von Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge wie ein aufsässiges Kleinkind abgekanzelt worden war. “Am 19. Mai müssen wir die Kollegen da noch weghauen, dann ist alles okay. Wir werden eklig sein.”

Die “unfassbare Willensleistung” (Bobic) mit dem traumhaften Hackentor von Luka Jovic (75.) sollte der Eintracht für diesen schwierigen Gang Schub verleihen. Kovac steht ein mediales Gewitter bevor: Es wird vor dem Endspiel kaum ein anderes Thema als seinen Abschied, dessen nebulöse Umstände und die Frage, ob er seinem künftigen Klub womöglich das Triple vermiest. Der Kroate sprach zwar vom “Traum”, der wahr geworden sei, wiegelte aber auch ab: “Berlin ist nur ein Zuckerbrot.”

Eines, das den Schalkern nicht serviert wird. Tedesco blickte nach dem ersten schweren Rückschlag seiner steilen Karriere müde in die Kameras. Doch er wahrte Haltung und suchte die Schuld in den eigenen Reihen – obwohl er gute Gründe für Schiedsrichter-Schelte gehabt hätte. “Er ist nicht schuld. Wir fassen uns an die eigene Nase”, sagte der 32-Jährige. Obwohl Schiedsrichter Robert Hartmann (Wangen) in zwei hochumstrittenen, spielentscheidenden Szenen gegen Schalke entschieden hatte, blieb das große königsblaue Wehklagen weitgehend aus. Hartmann hatte dem vermeintlichen 1:1 durch Franco di Santo wegen angeblichen Handspiels die Anerkennung verweigert, und auch vor Jovics Tor hätte er gut und gerne auf Foulspiel entscheiden können.

Der emotionale Schlusspunkt zog schwere Ausschreitungen nach sich. “Insgesamt 20 Strafanzeigen sind das Resultat dieses von gewalttätigen Auseinandersetzungen in der Nachspielphase überschatteten Einsatztages”, lautete das ernüchternde Fazit der Gelsenkirchener Polizei. Rund 80 Schalker Problemfans wurden vorübergehend festgesetzt. Gegen die Rädelsführer leitete die Polizei Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruchs ein. Sieben Polizisten und acht Zuschauer wurden verletzt. Ein Besucher aus Frankfurt wurde bei der Abreise von einer Glasflasche getroffen, die aus einem fahrenden Auto geworfen worden war.


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